Meine Rede zur Aktuelle Stunde der Koalition:
Sehr geehrte/r Präsident/in,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Häufig wird es so dargestellt, als würde zwischen SA und IR ein Konflikt eskalieren, der bereits die Anfänge des Islam geprägt hat und daher seit vielen Jahrhunderten schwelt – nämlich die Spannung zwischen Sunniten und Schiiten. Von einem Konflikt, wie wir ihn heute sehen, kann man aber erst seit 1979 sprechen, seit der Revolution in Iran, der Moscheebesetzung in Mekka und dem Afghanistan-Krieg.
Beide Staaten versuchen zwar schon seit langer Zeit, ihre Formen des politischen Islam zu exportieren. Viel wichtiger ist aber die politische Dimension. Es geht in erster Linie um einen Konflikt, in dem beide Regionalmächte versuchen, Macht-Vakuen (ob in Syrien, Jemen, Bahrein, Irak oder Libanon) zu nutzen, um Loyalitäten aufzubauen, den eigenen Einfluss zu stärken und Ansprüche auf die Führungsrolle der muslimischen Welt geltend zu machen. Nach dem Atomabkommen will Saudi Arabien seine starke Stellung in der Region halten. Gerade deshalb ist es so wichtig, die Situation nicht weiter zu eskalieren und den Dialog aufrecht zu halten. Die Politik der neuen Machthaber allerdings scheint unzuverlässig. Es besteht die Gefahr, dass die Instrumentalisierung der Sunna und der Schia auch für die Staaten außer Kontrolle gerät.
Dies ändert auch unseren Blick auf die Region: Im internationalen Kampf gegen Daesh, dem so genannten IS, steigt die Aufmerksamkeit und die Sensibilität für die Unterstützung salafistischer Gruppen aus Saudi Arabien. Die massiven anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in beiden Staaten sind für uns nicht hinnehmbar und die jüngsten Hinrichtungen auch eine klare Provokation gegen den Iran und eine verachtungsvolle Geste gegenüber der im eigenen Land lebenden schiitischen Minderheit.
Wir machen klar: Menschenrechte sind ein strategisches Interesse unseres Landes. Sie müssen es sein. Selbst wenn wir ganz pragmatisch sind: Es ist gut für uns, wenn es anderen gut geht. Menschen müssen geschützt sein vor Gewalt und Tod.
Dennoch bleiben Iran und Saudi Arabien zentrale Akteure für den Kampf gegen den IS!
Frank-Walter Steinmeier bemüht sich um die Region. Ich erinnere mich an eine seiner Reisen vor einigen Monaten nach Iran, Saudi Arabien und Jordanien. Da gab es auch Kritik und Zweifel am möglichen Ergebnis, meist hinter vorgehaltener Hand. Doch wenige Wochen später fanden sich beide Akteure in den Wiener Verhandlungen an einem Tisch wieder!
Unsere Überzeugung ist: Ein Miteinander ist eine weitaus bessere Option, als ein Gegeneinander.
Deswegen lassen Sie mich, verehrte Kollegen, als Sprecherin der SPD für die Kulturdiplomatie, auch noch ein paar Worte zum Kulturfest „Janadriyah“ sagen, dass in den letzten Tagen in der Kritik stand.
Gesprächskanäle offen zu halten, das schaffen wir gerade auch durch die Auswärtige Kulturpolitik! Sie ist die dritte Säule, neben der klassischen Diplomatie und den Wirtschaftsbeziehungen, sie ist die „Sanfte Macht“ der Außenpolitik.
Sie erreicht die Menschen, auch in schwierigen Zeiten. So war und ist es auch seit vielen Jahren durch den studentischen Austausch mit Iran.
In Saudi Arabien, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird auf dem Kulturfest ein deutscher Pavillon zu sehen sein. Die Besucher werden – so ist die Planung – darin eine deutsche Stadt finden, ein Straßencafe, eine Ausstellung von Literatur und die Übersetzung wichtiger deutscher Grundgesetzartikel. Die Themen: Frauen in der Wissenschaft und kommunale Selbstverwaltung als politische Mitbestimmung. Ja, auch die deutsche Wirtschaft ist dabei, z.B. mit dem Thema Elektromobilität. Die Veranstaltung soll auch für Frauen geöffnet sein, es sollen sogar deutsche Jazz-Musikerinnen auftreten – ein starkes Zeichen in einem Land, indem es nahezu kein öffentliches kulturelles Leben gibt. Wir werden dazu im Unterausschuss noch einmal genauer diskutieren.
Diejenigen, die genau hinsehen, erkennen einen vorsichtigen Wandel durch die Förderung der Kultur. (Der Minister des Königshauses ist übrigens 35 Jahre alt, hat im Westen studiert und in Deutschland gearbeitet. Er wurde noch vom alten König Salman eingesetzt.)
Mittlerweile gibt es einige Literaturclubs mit Frauen in einigen Vorständen, eine Gesellschaft für Kunst und Kultur, Frauen-Theatergruppen, Medien, die Frauen unverschleiert gezeigt haben. Und Anzeichen, dass bald Männer und Frauen gemeinsam die Vorstellungen besuchen können.
Verehrte Damen und Herren, für uns hier in Deutschland mag das alles furchtbar rückständig erscheinen. Tatsächlich können wir uns solch ein Leben gar nicht vorstellen. Doch diese Beispiele zeigen eindrücklich die Kraft von Kunst und Kultur. Sie ist es, die die Menschen erreicht, Brücken baut und deshalb so wirkmächtig ist. Wir brauchen sie. Auch für unsere diplomatischen Bemühungen.
Für die Anstrengungen, die Konflikte im Nahen und Mittleren Osten zu entschärfen, vielleicht sogar eines Tages dabei zu helfen, sie zu befrieden, dafür hat unser Außenminister die ganze Unterstützung der SPD.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Video zu meiner Rede könnt ihr euch hier anschauen: