Ist die Welt noch bei Verstand?

Eine Einschätzung von mir aus der Rubrik „Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP)“ des Deutschen Kulturrates zum Thema „Menschen direkt erreichen“:


Angesichts des Leids, der Krisen und Kriege muss man an der allgemeinen Zurechnungsfähigkeit der Menschheit zweifeln. Mindestens aber ist die Welt um uns herum komplizierter geworden.  Lauter. Und Lärmender.

Auch leise Töne der Diplomatie, die Orientierung geben, Stimmen, die zum Nachdenken anregen, statt Ressentiments zu verstärken, werden gebraucht. Vielleicht dringender denn je. Denn wo humanitäre Hilfe nötig ist, da braucht es auch Hilfe zur Humanität. Willy Brandt hat es die „Arbeit an der Weltvernunft“ genannt.

Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) tut genau das. Sie schafft Freiheitsräume und öffnet sie für den Dialog: Durch den kulturellen Austausch, durch das weltweite Bildungsnetzwerk mit den Auslandsschulen und einer aktiven Kulturpolitik in schwierigen Regionen. So ist die Kulturdiplomatie zugleich die sanfte Macht und eine tragende Säule der deutschen Außenpolitik.

Im Deutschen Bundestag ist sie noch immer ein Zaunkönig: ein winziger unscheinbarer Vogel – aber er singt unüberhörbar einzigartig. Das hat eindrücklich auch die im September vom Deutschen Bundestag einstimmig angenommene Entschließung gezeigt; sie stellte die Kraft der Kultur bei der Fluchtursachenbekämpfung, dem Zusammenhalt in Europa und der Entfaltung einer Verständigung in einem vorpolitischen Raum auf Basis unserer Grundwerte in das Zentrum des Parlaments. Kurz gesagt: Kultur, statt Kriege.

Fraktionsübergreifend im Unterausschuss und nicht zuletzt mit der großen Empathie und Verve des Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist es in dieser Legislaturperiode gelungen, die AKBP wahrhaftig mit Leben zu füllen. Etwa mit der Philipp-SchwartzInitiative, die verfolgten Wissenschaftlern Schutz gibt, mit der Unterstützung der Mittler, wie dem Goethe-Institut, die mit ihrem Wissen dazu beitragen, dass Integration gelingen kann und die in Krisenregionen aktive Hilfe leisten.

Der Beitrag zum Wiederaufbau des kulturellen Erbes und die Wissenschaftszusammenarbeit wurden gestärkt und Künstler finden Gehör. Mit dem neuen Konzept für das traditionsreiche Haus auf der Fifth Avenue und dem Ankauf der Thomas-Mann-Villa in L.A. ist außerdem ein Zeichen gesetzt für die Bedeutung des transatlantischen Austauschs.

Auch hier, auf der anderen Seite des Atlantiks, soll künftig die Arbeit an der Weltvernunft Einzug halten.

Dazu braucht es aktive Zivilgesellschaften. Die Unterstützung aus dem Bundestag ist da.

 


Meine Einschätzung wurde in den Sammelband „Die dritte Säule: Beiträge zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik“ von Olaf Zimmermann und Theo Geißler aufgenommen, das in der Reihe „Aus Politik & Kultur erschienen ist. (Seite 174)

Das Buch ist kostenfrei als PDF erhältlich.