Meine Keynote zur digitalen Veranstaltung „Deutschlandbild im Ausland – Diversität als Stärke einer modernen pluralistischen Gesellschaft“. Organisiert wurde der Austausch vom DIVERSITRY – dem BIPoC-Netzwerk der Bundesministerien.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wie können wir die Vielfalt unserer Gesellschaft als Chance begreifen und als Stärke nutzen? Das ist ein Kernthema unserer Demokratie. Und hierum geht es am heutigen Welttag der Kulturellen Vielfalt.
Für uns im Auswärtigen Amt ist das keine abstrakte Frage. Es geht hier um ganz wesentliche Aspekte unserer Arbeit. Zum Beispiel darum, ein realistisches Bild unseres Landes im Ausland zu vermitteln. Und dazu gehört eben nicht nur das Oktoberfest, sondern auch die junge türkischstämmige Schauspielerin, der deutsch-japanische Geschäftsmann oder auch die muslimische Diplomatin.
Jeder vierte Mensch in Deutschland ist heute zugewandert oder hat mindestens einen Elternteil, der nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Das ist ein riesiger Schatz an interkulturellem Wissen, der gerade auch für die Außenpolitik unglaublich wertvoll ist. Ich bin überzeugt: Wir müssen ihn noch stärker nutzen.
Das schaffen wir aber nur, wenn wir noch bunter und diverser werden. Konkret heißt das auch: mehr Menschen mit Migrationsgeschichte, Unterstützung für Menschen mit Behinderung, aber auch mehr Frauen in Führungspositionen. In der Kunstbetrachtung würde man sagen: mehr buntes Mosaik und weniger Monochromie.
Hier haben wir in der Bundesverwaltung insgesamt noch einiges zu tun.
Die Bundesregierung hat 2019 die Studie „Diversität und Chancengleichheit“ in Auftrag gegeben. Darin wurde untersucht, inwieweit Menschen mit Migrationsgeschichte im öffentlichen Dienst des Bundes vertreten sind. Das Ergebnis: gerade einmal 12%. Und diese Menschen waren dann auch noch häufiger befristet oder in weniger qualifizierten Positionen angestellt als es ihrer Ausbildung entspricht. Das liegt häufig schlicht und ergreifend an Stereotypen und unterbewussten Zuschreibungen. Matthias traut man im Zweifelsfall eben mehr zu als einem Achmet, so gut ausgebildet er auch sein mag. Diese Probleme sehen wir auch in der Gesellschaft insgesamt.
Das hat dann mehr mit Einfalt als mit Vielfalt zu tun. Damit können wir uns nicht zufriedengeben.
Das Auswärtige Amt hat sich deshalb entschlossen, eine umfassende Diversitätsstrategie umzusetzen, die alle Merkmale des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes umfasst. Dazu stehen wir – und auch ich persönlich – in engem Austausch zur Initiative Diplomats of Color, die ich in Ihrem Anliegen unterstütze. Auch bei der Anerkennung und der Unterstützung der LGBTI Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wir in den letzten Jahren gut vorangekommen. Auch dank des tollen Engagements der Rainbow-Gruppe hier im Auswärtigen Amt. Sie sehen – es tut sich was.
Als Bundesregierung insgesamt haben wir uns auf dem 13. Integrationsgipfel am 9. März zudem in einer gemeinsame Erklärung zu mehr Vielfalt im Öffentlichen Dienst verpflichtet. Ganz konkret heißt das:
- mehr Vielfalt und Chancengleichheit bei Personalauswahl, Personalbindung und beruflichem Aufstieg;
- gezielte Förderung der interkulturellen Kompetenz der Beschäftigten;
- und schließlich die Entwicklung einer Führungs- und Organisationskultur, die Chancengleichheit gewährleistet und die Vielfalt unserer Gesellschaft bei ihrer Arbeit immer mitdenkt.
Es geht dabei nicht darum, Menschen aufgrund ihrer Herkunftsmerkmale zu bevorzugen. Es geht schlicht darum, strukturelle Nachteile zu beseitigen und Chancengleichheit herzustellen.
Voraussetzung dafür ist eine ehrliche Bestandsaufnahme. Deshalb hat die Bundesregierung beschlossen, die Befragung „Diversität und Chancengleichheit“ in Zukunft regelmäßig durchzuführen. Denn mehr Diversität erfordert ein grundsätzliches Umdenken, das nicht von heute auf morgen entsteht. Wir müssen immer wieder schauen: Was haben wir erreicht? Welche Maßnahmen haben gewirkt? Wo müssen wir noch nachsteuern?
Meine Damen und Herren,
Willy Brandt hat den berühmten Satz gesagt: Wir wollen mehr Demokratie wagen. Im 21. Jh. heißt das auch: Mehr Vielfalt wagen. Denn: Jeder kann und soll sich einbringen können. In der muss das erst recht gelten.
Und weil nichts von selbst kommt, braucht es ein klares Bekenntnis des Arbeitgebers. Und es braucht das Engagement und die Ideen der Beschäftigten.
Daher danke ich dem Netzwerk DIVERSITRY. Als Auswärtiges Amt finden wir es toll, dass sich die Diversity-Gruppen in den einzelnen Ministerien zu einer gemeinsamen Organisation zusammengeschlossen haben. Vielen Dank, dass Sie diese Veranstaltung auf die Beine gestellt haben!
Ich bin sicher, wir werden noch von Ihnen hören – und Sie brauchen!
Das Video der Rede kann hier angeschaut werden: