Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Außenpolitik ist nichts zum Zuschauen. Demokratie und Multilateralismus verlangen den Einsatz eines jeden von uns.
Putins Krieg bedeutet auch deswegen eine Zäsur für unsere Außenpolitik: Weil sein brutaler Angriff auf die Ukraine die zivilen Errungenschaften der Machtgier zum Fraß vorwirft – der Bruch des internationalen Rechts auf brutalste Weise. Die größte Stärke, die wir entgegensetzen können ist die Geschlossenheit unserer Antwort.
International und damit auch hier, im Parlament. Deswegen kann ich nur alle auffordern, auch die, die noch unentschlossen zum Sondervermögen sind: Setzen wir auf ein starkes Zeichen aus Deutschland. Auf den klaren Willen, auch in die Verteidigung unserer Überzeugungen zu investieren, sie zu schützen, gerade auch mit einer handlungsfähigen Bundeswehr.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Partnerschaft, die einfache Übersetzung von Multilateralismus, bedeutet immer auch: Verantwortung. Deutschland hat Verantwortung in Europa und der Welt – und das heißt auch, dass wir einander beistehen. Wir unseren Partnern. So wie wir auf den Beistand anderer zählen.
Das sind keine einfachen Zeiten: die Folgen des Klimawandels, Hunger und Ungleichheit und eine Pandemie fordern uns. Der Angriffskrieg Russlands als Tiefpunkt europäischer Nachkriegsgeschichte hat weite Auswirkungen, heute in Gänze kaum abzusehen – und er zeigt auf dramatische Weise leider auch, dass die Lesart dieses eklatanten Bruchs des Völkerrechts nicht überall auf der Welt gleich ist.
Als interfraktionelle Delegation bei der IPU, der Weltparlamentarierkonferenz in Indonesien, angeführt von Ralf Brinkhaus, haben wir das vor einigen Wochen erlebt.
Afrika und Asien wachsen immens, und gleichzeitig zielt die russische Propaganda vor allem in diese Teile der Welt. Der globale Systemwettbewerb zwischen Autokratien und Demokratien hat an Schärfe gewonnen. Und: Auch in Demokratien sehen wir tiefe Spaltungen in der Gesellschaft.
Umso mehr ist es heute Aufgabe von Diplomatie diejenigen zu überzeugen, die nicht selbstverständlich auf der Straße der Demokratie fahren. Das bedeutet, ja: auch in Außenpolitik, in Diplomatie, zu investieren.
Angesichts der weltweiten Krisen liegt der haushalterische Schwerpunkt des Auswärtigen Amtes in diesem Jahr neben den Investitionen in das diplomatische Netzwerk auf der humanitären Hilfe. Mit 2,7 Milliarden Euro macht sie etwa ein Drittel des Etats von rund 7,5 Milliarden Euro aus.
Als Vorsitzende des Unterausschusses für die auswärtigen Kultur- und Bildungsbeziehungen will ich aber auch diesen Bereich hervorheben:
Die AKBP bleibt eine wichtige Säule der deutschen Außenpolitik. Im Zuge der parlamentarischen Beratungen zum Haushalt wurde die Erhöhung der Mittel auf 1.09 Milliarden Euro beschlossen. Wir erreichen also die Kulturmilliarde – zu dem, was wir an anderen Stellen investieren.
Das ist eine gute Nachricht – ich sage aber auch: Ohne den deutlichen Willen des Bundestages und die fraktionsübergreifende Unterstützung wäre das nicht möglich.
Deswegen danke ich allen Kolleginnen und Kollegen, ganz besonders unserer Haushälterin Wiebke Papenbrock, die heute von Zuhause zusieht – und ihr Kind erwartet.
Danke, dass sie alle sich einmal mehr für diese Dimension der Friedenspolitik eingesetzt haben: Für unsere Mittlerorganisationen, wie das Goethe Institut, den Deutschen Akademischen Austauschdienst, das Institut für Auslandsbeziehungen, die Deutsche Welle, das Deutsche Archäologische Institut oder die Alexander von Humboldt Stiftung und die Auslandsschulen, die so wichtige Arbeit leisten.
Aber: Warum setzt der Bundestag gerade hier ein Zeichen? Was bedeuten in Zeiten des Krieges in Europa Kultur und Bildung in der Außenpolitik?
Die Antwort ist einfach. Wir wissen: Auch jenseits der Diplomatie, der Verteidigung und der multilateralen Organisationen, die es zu stärken gilt, lässt sich Gutes bewegen, ein Beitrag leisten, dass wir die Kurve noch kriegen, bevor unser Planet komplett in Schutt und Asche liegt.
Wir brauchen dazu den Austausch der Menschen, Begegnungen Junger, das Potential Kreativer – und nicht zuletzt eine lebendige Debatte darüber, wie wir in dieser Welt leben wollen.
Weil wir es langfristig nur so schaffen, als Menschheit auf diesem Planeten zu überleben: Wenn wir zivilisierte Diskussionen ermöglichen.
Aber Austausch und Diskurs brauchen eine Offenheit, die schützenswert – und leider noch immer nicht überall selbstverständlich ist. Viel zu oft ist sie lebensgefährlich. Deswegen werden wir Schutzprogramme für Künstler, Wissenschaftlerinnen ausweiten und ein neues für verfolgte JournalistInnen und Journalisten einrichten. Mit der Elisabeth Selbert Initiative unterstützen wir Menschenrechtsaktivisten aus der Ukraine, aus Belarus und Russland:
Diejenigen, die sich für Frieden und Freiheit einsetzen, wollen wir unterstützen und Ihnen auch mit den Mitteln der AKBP unter die Arme greifen.
Wir sehen: In unserer Nachbarschaft will eine junge Generation in Freiheit, Frieden und Demokratie leben und sich nicht unterdrücken lassen. Den Diskurs mit Osteuropa dazu wollen wir vertiefen: Auch mit dem “Programm Östliche Partnerschaft”.
Und wir denken auch an Osman Kavala, einen Brückenbauer zwischen der Türkei und Deutschland – der hinter Gittern sitzt und sofort freigelassen gehört!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Außenpolitik ist nichts zum Zuschauen, Demokratie braucht uns alle. Darum gehts. Die großen Verschiebungen der Macht, sie passieren jetzt und sie gehen auch einher mit gezielter Desinformation autokratischer Systeme. Deswegen muss auch die Strategische Kommunikation ganz oben auf die Tagesordnung. Die hohe Analysefähigkeit unserer Diplomatinnen und Diplomaten müssen wir stärker aktivieren, wenn wir andere überzeugen wollen. Diesen Wunsch verbinde ich mit herzlichen Grüßen und Dank an das ganze Team AA – und natürlich auch besonders an AM Annalena Baerbok!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In Cannes hat Präsident Selensky gerade eindringlich an die Kraft der Kunst zum Widerstand appelliert und gesagt: “Wir brauchen einen neuen Chaplin.” Ich habe daraufhin die Rede am Schluss des Films “der große Diktator” noch einmal nachgelesen.
Da heißt es – und damit will ich enden: Zu denen, die mich hören können, sage ich – verzweifeln Sie nicht. Das Elend, das jetzt über uns kommt, ist nur das Vergehen der Gier – die Bitterkeit der Menschen, die den Weg des menschlichen Fortschritts fürchten. Der Hass der Menschen wird vergehen, Diktatoren sterben, und die Macht, die sie den Menschen genommen haben, wird zu den Menschen zurückkehren.