Sehr geehrte Präsidentin
Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
vor genau zwei Wochen stand ich mit der Delegation der PG Südliches Afrika an dem Punkt des Kontinents, an dem am meisten Wind weht. In der ältesten Wüste der Welt, im Süden von Namibia.
Dort, in Lüderitz hat der erste Deutsche einen Fuß auf den afrikanischen Kontinent gesetzt – und die deutsche Kolonialgeschichte nahm ihren Lauf. Erst kam es zur wirtschaftlichen Erschließung von Rohstoffen, Diamanten – dann vollzog sich dort, was wir heute Völkermord nennen. Schreckliche Verbrechen. In Andenken an die Opfer haben wir auf Shark Island auch einen Kranz niedergelegt.
Und künftig: Soll dort die neue Wasserstoffpartnerschaft zwischen unseren Ländern begründet werden. Minister Habeck reist noch in diesem Jahr mit einer großen Wirtschaftsdelegation in das Land, das wie viele Länder Afrikas vom Klimawandel besonders betroffen ist.
Ein Beispiel dafür, dass Vergangenheit und Zukunft so eng verknüpft sind wie die Geschichte Europas und Afrikas. Nur muss das nächste Kapitel, dass wir gemeinsam aufschlagen eines sein, in dem es nicht nur einen Gewinner gibt. Sondern ein Gewinn für die Menschen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Afrika wird in der zukünftigen Weltordnung eine immer größere Rolle spielen – politisch, wirtschaftlich, aber auch kulturell.
Aber wenn es um Afrika geht, geht es um soviel mehr: Denn die internationale Ordnung, Rechtsstaatlichkeit, Multilateralismus und Demokratie bleiben nur bestehen, wenn wir gemeinsam dafür aktiv etwas tun. Das entscheidet Afrika mit. Mit 54 Stimmen haben die afrikanischen Staaten ein bereits heute großes Gewicht in der VN-Generalversammlung.
Deswegen ist es gut, dass wir heute über Afrika sprechen. Denn wir erleben ja gerade eine demokratische Rezession, in der Russland eine entscheidende Rolle zukommt: Allerdings ist es auch etwas zu kleinteilig gedacht, liebe Union, Afrika nur durch das Prisma von Russlands wachsenden Einfluss zu sehen.
– Die Türkei hat seit 2002 die Zahl ihrer Botschaften in Afrika von 12 auf 43 fast vervierfacht. Turkish Airlines fliegt mittlerweile über 60 Ziele in Afrika an – mehr als jede andere Fluggesellschaft. Und in den letzten 10 Jahren haben 14.000 afrikanische Studierende Stipendien bekommen, um in der Türkei zu studieren.
– Außerdem sind Russland und China inzwischen strategische Partner. Durch seine Kredit- und Schuldenpolitik schafft China neo-koloniale Abhängigkeiten. Und in der Kultur- und Bildungspolitik zeichnet China auch mit den Konfuzius-Instituten ein gezielt positives Bild von sich.
– Russland spielt eine immer gewichtige Rolle mit Militär und Geheimdienst. Militärunternehmen wie die Wagner Gruppe, die aktuell auch in der Ukraine kämpft, sind mittlerweile in 15 Staaten aktiv. In Mali, im Sudan, in der Zentralafrikanischen Republik oder Burkina Faso wurde die militärische Präsenz ausgebaut. Deswegen müssen wir auch sehr genau überlegen, ob und wie wir unsere Einsätze verkleinern oder aussetzen. Das Ergebnis darf kein Vakuum sein, das andere füllen.
Jenseits von historischen Erfahrungen ist die Zustimmung zu Russland sicher auch das Ergebnis von Propaganda, Desinformation und strategischer Kommunikation.
Ich meine: Deswegen muss die Bedeutung internationalen Kultur- und Bildungsmittler auch in die Sicherheitsstrategie der Bundesregierung aufgenommen werden.
Die aktive Zivilgesellschaft, Frauen und Jugend müssen wir fördern, und helfen, Fachkräfte zu qualifizieren. Als Europäer den Unterschied machen: kein Staubsauger sein, sondern Ventilator für Bildung und Wissen!
Und: Wir müssen verstehen, dass die afrikanischen Staaten eine eigene Sicht auf die Welt haben. Nur dann kann die viel gepriesene Partnerschaft auf Augenhöhe funktionieren.
Das heißt allerdings nicht, dass man in der Frage des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine eine neutrale Position einnehmen kann. Der Krieg bricht mit den Prinzipen der Weltgemeinschaft und ist eine humanitäre Tragödie. Diese Diskussion müssen wir führen.
Vor allem aber sollten wir mit den Staaten Afrikas an einer gemeinsamen Zukunftsperspektive arbeiten. Über Chancen sprechen.
Bundeskanzler Olaf Scholz ist kurz nach Amtsantritt in den Senegal, nach Niger und nach Südafrika gereist, hat Südafrika und Senegal zum G7-Gipfel eingeladen – auch gegen die Armuts- und Hungerkrise, die droht. Das war wichtig. Jetzt hoffe ich, dass bald die binationale Kommission zwischen DEU und Südafrika tagen wird, das Auswärtige Amt muss das vorbereiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir erleben aktuell eine Zeit des Umbruchs. Eine Zeitenwende. Wir befinden uns in einer Weltunordnung. Wir können heute nicht sagen, wie die Welt in zwei Jahren aussehen wird. Aber wir können zeigen, dass wir es ernst meinen: Mit Kooperation, Gemeinschaft und der Kraft der Demokratie.