Aktuelle Stunde zum Thema: Benin-Bronzen und Restitution 12.05.2023

Rede zu Aktuelle Stunde – Scheitern bei der Restitution der Benin-Bronzen, 12.05.2023 auf Youtube

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Sehr geehrte/r Präsident-IN,
meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte diese Debatte nutzen, um das Thema hier auch für all diejenigen einzuordnen, die verstehen und sich nicht irre leiten lassen wollen von denjenigen, die jede Gelegenheit suchen, um Zwietracht zu sähen.

2017 haben im Koalitionsvertrag das erste Mal festgehalten, dass wir die Kolonialgeschichte unseres Landes und das Unrecht der Zeit aufarbeiten. Zum ersten Mal wurde dies demokratischer Grundkonsens.

Einige Zeit später habe ich aus dem Auswärtigen Amt heraus meiner CDU-Kollegin MONIKA GRÜTTERS geschrieben und ihr vorgeschlagen, diesen Auftrag nun auch gemeinsam in die Tat umzusetzen. Und wir haben uns auf den Weg gemacht – den Anfang machte dabei unser gemeinsamer Artikel: Die Lücke in unserem Gedächtnis. Übrigens: In der FAZ. Da steht manchmal auch viel Gutes drin. Liebe Monika, bei allem politisch-kreativen Wettbewerb, danke, dass wir das so machen konnten.

Allerdings stimmt auch: wir wussten, das wird ein langer Weg. Und: Der spezielle Benin-Dialog lief schon. Viele Wissenschaftlerinnen und Historiker waren längst weiter, als die Politik. Ihre Bemühungen, diesen Teil der Geschichte bewusst zu machen, wurden jedoch über Jahrzehnte immer wieder zurückgedrängt.

Deswegen auch all denen, die kritisch den Finger in die Wunde gelegt haben, danke von hier aus. Für mich steht fest: Wir brauchen eine aktive und lebendige Zivilgesellschaft, für den Fortschritt in dieser Demokratie. Es ist vor allem ihr Verdienst, dass die Debatte lebendig ist und Eingang findet in den Unterricht, in politische Diskussionen und viel mehr.

Mein dringender Rat: Wir sollten im Falle der Benin-Bronzen aufpassen, dass wir sie nicht mit Stereotypen und neokolonialen Bildern unmöglich machen – und auch nicht mit besserwisserischen Zurufen von der Seitenlinie, die Regierung sei hier dumm und naiv. Das geht wirklich zu weit.

Nigeria ist ein großes, ein stolzes Land: Bis 2050 werden da so viele Menschen leben, wie in der gesamten EU zusammen.

Wir sollten stattdessen das Gespräch mit unseren Partnern suchen. Haben wir das gleiche Verständnis? Können die konkreten Pläne der jetzigen Bundesregierung so in die Tat umgesetzt werden?

Man muss hier festhalten: Bei der konkreten Rückgabe von Kulturgütern und menschlichen Gebeinen geht es gleichzeitig immer auch darum, dass wir eindeutig begangenes Unrecht beheben. Um den Umgang mit unserer Geschichte und um die Zukunft der Beziehungen, zwischen Deutschland und Nigeria, ja auch Afrika und Europas. Diese Beziehungen sind uns wichtig, wir wollen unsere Verantwortung dafür wahrnehmen.

Die Bundesregierung hat klar gemacht: Diese Rückgaben erfolgen bedingungslos und dass die die Verträge zur Eigentumsübertragung deswegen auch keine Auflagen enthalten. Das Präsidialdekret oder wie es wohl korrekt heißt, die “Declaration” vom 28. März ist nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes auch noch gar nicht in Kraft getreten. Doch auch in Nigeria selbst gibt es bereits jetzt die Diskussion: Die nationale Museumskommission Nigerias hat bereits Änderungsanträge eingebracht.

Grundsätzlich gilt: Wir wollen und müssen bei Rückgaben die Herkunftsgesellschaften respektieren und einbeziehen. Allerdings stimmt auch, und so haben wir es die letzten Jahre immer diskutiert: Die politische Verständigung besteht darin, dass die Benin-Bronzen auch für die Öffentlichkeit und Forschung zugänglich gemacht werden. Und dass wir dabei unterstützen.

Als Vorsitzende des Unterausschusses Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik habe ich mich gefreut, dass wir am Montag auch noch eine Unterrichtung des Auswärtigen Amtes dazu bekommen. Denn im Parlament müssen wir natürlich wissen, was aus den ursprünglichen Plänen wird. Auch sehr praktisch, denn bei dem, was wir künftig an zusätzlicher Unterstützung leisten, geht es natürlich auch um Geld.

Liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Wissenschaftlerin Benedict Savoy, die gerade den anerkannten Berliner Wissenschaftspreis erhielt, war am Anfang dieser Woche noch zu Gast in unserer Arbeitsgruppe der Außenpolitikerinnen.

Sie hat klar gemacht: Es geht bei Rückgaben nicht um Objekte allein, sondern immer auch um das Generieren und Mitteilen von Wissen. Wissen um die eigene Kultur und Identität der Menschen in Nigeria. Und nicht weniger um das Wissen der kolonialen Vergangenheit in Deutschland und Europa. Deutschland ist auf gutem Weg. Die Museen und die Länder haben in den letzten Jahren ihre internationalen Kooperationen noch weiter verstärkt, das Wissen um die Bestände zu erweitern.

Als Delegation des Bundestages haben wir uns vor Ort gemeinsam mit der Regierung und den Direktoren der Museen selbst ein Bild machen können – allen war klar: auch die Menschen in dort schätzen das deutsche Engagement.

So sieht das auch diese Koalition.

Vielen Dank!