Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen,
Martin Scorsese hat gesagt: „Filme berühren unsere Herzen und wecken unsere Vision und verändern die Art und Weise, wie wir die Dinge sehen. Sie bringen uns an andere Orte, sie öffnen Türen und Köpfe. Filme sind die Erinnerungen an unser Leben, wir müssen sie am Leben erhalten“.
“Am Leben erhalten” ist das richtige Stichwort für die heutige Debatte. Wir sprechen heute in erster Lesung über eine nochmalige Verlängerung des deutschen Filmförderungsgesetzes in seiner aktuellen Fassung.
Schon durch Corona waren wir gezwungen eine große Novelle zu schieben, jetzt machen wir dies mit Blick auf 2024 und 2025, um dann endlich eine große und umfassende Reform auf den Weg bringen zu können. Wir haben Aufholbedarf! Die Bundesregierung weiß das, wir möchten sie gerne unterstützen! Denn: Das System Film hat sich grundlegend geändert.
Zwei Beispiele
1.) Neue Marktteilnehmer wie die Streamer sind hinzugekommen. Das verändert, wie und wann Filme – und Serien – gesehen werden. Kino oder Couch.
2.) Auch beim Film sehen wir, dass andere europäische Länder den Produktionsstandort Deutschland überholen, weil sie selbst stark investieren, damit die Geschichten von morgen an anderen Orten gedreht werden.
Um all die Veränderungen zu verstehen und die richtigen Antworten zu finden haben wir als SPD-Fraktion im letzten halben Jahr in drei großen filmpolitischen Gesprächsrunden intensiv diskutiert. Von Netflix bis zum Produzentenverband, dem Bundesverband Schauspiel und den “Actors of Color” – viele haben Einblick gegeben haben und mit uns diskutiert.
Als Parlamentarier der Ampel haben wir auch durchaus bereits Ideen und Vorschläge eingebracht – von den Koalitionsverhandlungen bis jetzt. Einiges hat BKM ja auch auf der Berlinale skizziert. Jetzt ist es Zeit aus der Deckung zu kommen und den großen Wurf zu wagen. Klein-Klein reicht eben nicht, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Im Gegenteil: ein Film-Fördergesetz ist ein zentrales kulturpolitisches Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, dass wir vollen Herzens unterstützen.
Was den ausstehenden Referentenentwurf betrifft kann man wohl für heute festhalten: Die Spannung steigt. Wir sind bereit, uns in die konkreten Beratungen zu begeben. Mehr noch: Wir können es kaum erwarten. Denn es soll ja nicht nur um lebenserhaltende Maßnahmen für den Film, sondern auch um die Reha gehen. Deswegen müssen wir die gesamte Kette in den Blick nehmen: Von DrehbuchautorInnen bis zu den Verleihern, von den Förderinstrumenten und Jurys bis zu den Kinos. Von den Arbeitsbedingungen vor und hinter der Kamera bis hin zu denen, die sich letztendlich die Produktionen auch anschauen sollen, dem Publikum.
Außerdem stellt sich die Frage nach einer besseren Finanzierung – also einer Investitionsverpflichtung und einem Steueranreizmodell, wie wir es im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben – das bedeutet jetzt intensive Beratungen. Wir müssen uns darüber verständigen, wie wir die Filmproduktionen und Produktionsstandorte in Deutschland finanziell stärken. Und ja: Es hat ja in der letzten sitzungsfreien Woche ein Gespräch bei BKM gegeben, wo die Vorstellungen der Regierung im Ansatz eingebracht worden sind.
Dazu: Ich kann mir eine Mischung aus steuerlichem Anreiz UND einer Investitionsverpflichtung vorstellen. Die Ausgestaltung muss aber gut diskutiert werden und wenn es um Steuern geht, muss klar sein: Es darf nicht zu Lasten der Kommunen gehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In wesentlichen Punkten bin ich optimistisch, dass sich schnell Einigung erzielen lässt: Als SPD-Fraktion sind für uns natürlich auch im Film die sozialen Bedingungen wichtig. Auch Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung sind aus unserer Sicht entscheidend.
Wir brauchen
– gute Leute im Film, vor und hinter der Kamera, kreative Ideen und: Aus meiner Sicht ist es selbstverständlich, dass auch Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit bei einer einer modernen neuen Förderung Berücksichtigung finden.
Und: Von Förderkriterien bis zu Instrumenten – Was wir dabei nicht vergessen dürfen: Jede große Reform, jedes Gesetz muss am Ende umgesetzt werden. Dabei kommt unserer Filmförderungsanstalt, der FFA, die entscheidende Rolle zu.
Auch diese über Jahrzehnte gewachsene Organisation wird sich neu strukturieren müssen, neue Aufgaben übernehmen. Dafür braucht es Zeit und Vorlauf. Wir dürfen es nicht versäumen den Kolleginnen und Kollegen rechtzeitig ein Startsignal und auch Mittelsicherheit zu geben.
Heute danke ich von dieser Stelle aus dem Präsidenten und Staatsminister a.D. Bernd Neumann, Peter Dinges und Sahra Duve stellvertretend für das ganze Team der FFA, die sich im ganzen Prozess konstruktiv einbringen. Besonders will ich auch Martin Rabanus erwähnen, der in der Zwischenzeit mit der gesamten Branche schon – ohne die Politik – als Moderator eine Vereinbarung über die Auswertungsfenster erreichen konnte. Es ist gut, wenn die Branche selbst Veränderungen herbeiführt. Aber ohne gesetzliche Rahmen geht es eben nicht.
Liebe Kollegen und Kolleginnen!
Die Bundesregierung muss nun sagen, wie wir das hinbekommen. Klar ist: Für die verbleibenden Monate – eine Mammutaufgabe, die Verhandlungen und Mitarbeit nicht nur des Bundesfinanzministeriums, sondern auch der Länder voraussetzt. Also: ambitioniert, aber schaffbar.
Zum Schluss noch ein Wort zu den Kinos. Die haben es in Zeiten der ständigen Verfügbarkeit von Filmen schwer, denn wir konsumieren inzwischen im Zug, beim Abwasch oder auf dem Sofa. Kinos sind aber viel mehr als das: Sie sind demokratische Orte der Kultur in unseren Städten, in denen verschiedene Menschen eine Erzählung erleben. Sie regen an zur Diskussion mit dem Nachbar, den Freunden, dem Partner. Sie sind Kultur für alle. Ich will auf diese Orte nicht verzichten und daher auch für ein ausreichend Ausgestattetes Zukunftsprogramm Kino kämpfen. Wir sollten uns hier gemeinsam sehr bewusst dafür entscheiden, sie zu unterstützen und zu schützen. Oder um es mit Martín Scorsese zu sagen: am Leben halten.
Herzlichen Dank!